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Warum mögen die Lesewesen deine Protagonisten nicht?

  • von
Patricia Prezigalo Protagonisten Persönlichkeit

Hallo wunderschönes Lesewesen, schön bist du da.

Und weiter geht es mit den Protagonisten.

Ich bin inzwischen in der glücklichen Position, dass meine Figuren gut ankommen. Man mag sie nicht immer, was von mir beabsichtigt ist. Aber selbst meine Kotzbrocken werden als real und vielschichtig empfunden. Sie werden verstanden, auch wenn sie nicht geliebt werden.

Das war jedoch nicht immer so. Am Anfang meiner Schreibkarriere, also in meinen unveröffentlichten Manuskripten tummeln sich haufenweise Klischees und Pappmännchen. Das Feedback meiner Testleser war ganz anders als heute.

«Ich kann mich in deine Figuren nicht hineinfühlen.»

Zuerst dachte ich, das läge daran, dass meine Protagonisten nicht nett oder cool genug wären. Aber das war ein Reinfall und machte es nur noch schlimmer. Es hat mich einiges Herumexperimentieren, Recherchieren und viele Fehlschläge gekostet, bis ich zu gewissen Erkenntnissen gelangt bin. Und diese will ich mit dir teilen. Ich habe allerdings noch nicht ausgelernt und nicht alles, was ich weiss, kann ich auch perfekt anwenden. In dem Sinne:

Wie gelingt es, dass sich Leser besser in meine Figuren einfühlen können?

Die Antwort ist: Persönlichkeit.

Das war’s danke für deine Aufmerksamkeit.

Ach, du brauchst das etwas genauer? Na, dann mal los.

1. Was ist Persönlichkeit?

Okay, ich werde dich nicht mit Psychologie langweilen oder das Offensichtliche sagen. Du weisst, was das ist. Das sind all die lustigen und unlustigen Eigenschaften, die eine Person ausmachen.

Jede Figur muss eine Persönlichkeit haben und ganz besonders der Protagonist.

2. Keine Persönlichkeit auf dem Papier

Gerade neue Autoren, machen diesen Fehler oft. Sie wissen genau, welche Persönlichkeit ihre Figur hat. Daran liegt es nicht. Aber, weil es ihnen so sonnenklar ist, vergessen sie die Persönlichkeit im Text zu formulieren. Es wird erstaunlich oft vergessen.

Oft wird Persönlichkeit mit einer tragischen Hintergrundgeschichte verwechselt. Also je trauriger, umso mehr mögen wir die Figur? Nein.

Das lässt sich gut am Beispiel von «Batman the Dark Knight» beobachten. Die Figur mit der tragischen Hintergrundgeschichte ist Batman. Aber die Figur mit Persönlichkeit und der Publikumsliebling ist der Joker. Und in dem Film kennen wir seine Hintergrundgeschichte nicht.

3. Die falsche Persönlichkeit auf dem Papier

Das ist etwas was erfahrenen und neuen Autoren immer wieder passiert. Wir wollen, als Beispiel, dass eine Figur traurig wirkt, sie kommt aber als gelangweilt beim Leser an. Was wir ausdrücken wollen, ist nicht, was ankommt.

Um das zu verbessern, hilft nur Abstand vom Geschriebenen und Testleser.

4. Keine Konsistenz

Hier hat unsere Figur gleich zehn verschiedene Persönlichkeiten. Je nach dem, was gerade am coolsten wirkt.

Katarina von Lauch ist schüchtern und zurückhaltend? Ja aber fünf Minuten später ist sie draufgängerisch und frech und dann wieder ängstlich. Das ist okay, wenn es in der Geschichte einen Grund für ihren plötzlichen Mut gibt. Wenn nicht, dann weiss der Leser nicht, was er von ihr denken soll.

5. Zu flache Persönlichkeit

Die Persönlichkeit ist zu flach, wenn man sich zu sehr auf die lustigen und zu wenig auf die unlustigen Eigenschaften fokussiert oder umgekehrt.

Joe Nase kann alles, sieht alles und alles gelingt ihm mit einem flotten Spruch auf den Lippen. Alle lieben ihn und nur die bösesten der Bösen, würden ihm nicht sofort ihr Leben anvertrauen.

Was theoretisch cool klingt, macht die Figur zum Stereotypen. Protagonisten müssen vielschichtig sein, dann wirken sie realistisch und es ist einfacher, sich in sie hineinzuversetzen. (Realistische Figuren schaffen)

Das ist etwas, was sehr schwer zu erkennen ist im eigenen Manuskript. Testleser helfen.

6. Behauptete Persönlichkeit

Ich schwöre euch, Susi ist total nett. Bitte beachtet nicht, wie sie in den ersten drei Kapiteln ihre Mitschüler mobbt.

Das ist der Fall, wenn der Autor seiner Figur eine bestimmte Persönlichkeit geben will, aber die behauptete Persönlichkeit nie in Aktion zeigt.

Das zu vermeiden, geht am besten, wenn man den Leser im Kopf der Figur leben lässt. Ist ein Teil von Show vs. Tell, was ich hier nicht vertiefen werde.

7. Keine Erklärung

Dieser Punkt ist besonders wichtig, wenn man graue Figuren oder Antihelden schreibt.

Er ist nicht der strahlende Held, er hat kaum Mitgefühl und ist auch selten nett zu den anderen Figuren. Wenn ich ihn als Leserin trotzdem mögen soll, dann muss ich verstehen, wieso er ist, wie er ist. Hier hilft eine gute Hintergrundgeschichte, die seine Persönlichkeit erklärt.

Es muss nicht detailliert erklärt werden und schon gar nicht von Anfang an, es reichen auch subtile Hinweise. Aber es darf nicht fehlen.

8. Ziele nehmen uns mit

Die Figuren brauchen ein Ziel, nach dem sie mit ihrem ganzen Sein streben. Wir wollen nicht über Leute lesen, die alles haben, was sie wollen.

Wir selbst sind immer unzufrieden und das treibt und an. Das ist es, womit wir uns identifizieren. Damit stellen wir die Lesewesen in die Schuhe des Protagonisten und zeigen einen wichtigen Aspekt seiner Persönlichkeit.

Es ist egal wie unrealistisch die Geschichte ist, aber wenn wir verstehen, was die Figur will und warum, dann nimmt sie uns mit in ihre Geschichte in ihre Welt. Wir fühlen mit ihr.

9. Hindernisse formen die Persönlichkeit

Das ergibt sich logisch aus dem vorigen Punkt. Ist ja schön und gut, wenn man ein Ziel hat. Aber wenn man sofort bekommt, was man will, ohne Schwierigkeiten, ist das nicht sonderlich interessant.

Wie geht die Figur mit dem Hindernis um? Wie verändert es sie? Wir wollen wissen, wie sie den Konflikt überbrückt. Das zeigt uns, wer sie ist und wir können mir ihr wachsen. Wir fühlen mit ihr.

Warum klappt’s trotzdem nicht?

Es wird immer Leute geben, die deine Protagonisten nicht mögen. Vieles ist Geschmackssache und das lässt sich nicht ändern. Wir mögen ja auch nicht alle realen Menschen, wieso sollte das bei fiktiven anders sein?

Wichtig ist auch zu erwähnen, dass nicht alle Geschichten gleich sind. Für viele Geschichten reichen flache Persönlichkeiten. Und das ist nicht abwertend gemeint, sondern einfach ein anderer Stil von erzählen und unterhalten, der seine Berechtigung hat. Es ist nicht der Stil, den ich anstrebe.

Und nur weil meine Tipps für mich funktioniert haben, müssen sie nicht für dich funktionieren. Natürlich kenne ich noch weitere Tipps und Tricks zur Schaffung von guten Protagonisten. Aber dazu mehr in einem anderen Artikel, denn dieser hier ist zu Ende.

Vielen Dank dafür, dass du bis zum Schluss gelesen hast. Wenn dir mein Beitrag gefallen hat, dann schenk mir doch ein Like, ein paar Sterne oder teile ihn mit deinen Freunden.

Ich poste jede Woche einen neuen Beitrag rund ums Thema Schreiben, Geschichtenerzählen und alles drumherum. Sei dabei, oder auch nicht, ich bin nicht deine Chefin. Aber ich würde mich freuen dich wiederzusehen.

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